Geliebter Brummbär

Um überhaupt zu verstehen, was der Verlust meines Opas für meinen Lebensweg bedeutet, muss man tatsächlich ganz vorne anfangen.

Ich war die Erstgeborene und knapp 2 Jahre das einzige langersehnte Enkelkind. Dazu war ich natürlich auch wirklich süß, liebenswert, unkompliziert, kränklich und ein absolutes Wunschkind, dass es nicht so leicht hatte bis es auf der Welt war (aber dass ist wieder eine andere Geschichte).

Ich war sehr viel bei meinen Großeltern, da meine Mom berufstätig war und mein Papa seinen Techniker machte, als meine Schwester dann da war, war es Zuhause oft holprig und unruhig, so war ich gerne und oft bei ihnen, es war ja auch dass was ich gut kannte und liebte. Die ersten drei Jahre prägen einen sehr. Mein Opa liebte mich bedingungslos und daran ließ er nie einen Zweifel. Ich war für ihn mehr als ein Enkelkind, ich war dass gewünschte Nachzügler Kind. Für mich als Kind das schönste auf der Welt uneingeschränkte Liebe zu bekommen ohne dafür was zu leisten. Ich liebte meinen Opa abgöttisch, er war ein großer, stattlicher Mann vor dem jeder Respekt hatte und der auch alle dazu brachte, dass es nach seinen Ansagen lief. Er war lustig, liebenswert und immer für ein Fest zu haben. Die einzige die ihn mit einem Lächeln um den Finger wickeln konnte war ich. In seiner Nähe war ich sicher, geborgen und Zuhause. Mein Opa war kein Mann der großen Worte oder Gefühle, aber mir hat er es immer und jederzeit gezeigt. Später habe ich verstanden was uns so tief verband, es war ein erkennen der Seelen, es war ein Herzschlag der im Einklang schlug, ein teilen der gleichen Ängste und der gleichen Sensucht und der gleichen Sensibilität. Kontrolle beherrschte er in Perfektion, Pferfektionismus auch. Er war als Mensch sehr beliebt und geliebt, er war das Familienoberhaupt, denn Familie war ihm das wichtigste.

Als er älter wurde, zog er sich immer mehr zurück, seine Welt wurde kleiner, weil seine Ängste größer wurden, er schaffte sich aber in dieser Welt Plätze die ihm Ruhe und Frieden gaben, er liebte seinen Garten und wenn jemand von seiner Familie oder seinen Freunden da war, war er der glücklichste Mann der Welt.

Vor ein paar Jahren, als er noch nicht so extrem krank war, nahm ich meinen Sohn und wollte noch eimal das kleine Mädchen sein und schlief bei meinen Großeltern, als Opa dann um 20.00 Uhr ins Bett ging überwand ich meine Distanz und erfüllte mir den Wunsch noch einmal zu meinem Opa ins „Gräbele“ zu liegen. Ihr könnt euch denken, nicht so einfach als erwachsenen Frau mit 1,73cm Körpergröße, ich habe ihn in den Arm genommen und heut bin ich froh, dass ich es getan habe, es ist eine der besten Erinnerung und Opa und ich hatten tagelang ein dickes Grinsen im Gesicht.

Mein Opa hatte Angst vorm sterben, diese Angst kenne ich gut, denn auch dies ist eines der Dinge dich mich und mein Opa verband, aber auch viele schöne Dinge wie die Liebe zur Natur. Mein Opa war schon immer der Inbegriff für Zuhause, Wurzel, Geborgenheit, in vielen meinen Meditationen war er ein wichtiger Punkt, auch heute noch.

Mein Opa war seit ca. 8 Jahren krank, am Anfang waren die Besuche im Krankenhaus vorallem für ihn sehr anstrengend, da er wie ich auch, keine Krankenhäuser mag, aber die Besuche häuften sich, er erholte sich immer schwerer.

Während Corona war ich wegen meinen Angststörungen in Behandlung und da fing ich an, mit meiner Mom drüber zu sprechen, ob es möglich ist, dass Opa wenn er stirbt noch ein paar Stunden Zuhause ist, damit ich versuchen kann mich zu verabschieden. Meine Mutter und meine Familie wusste schon immer, dass dieser Abschied für mich ein großer Einschnitt werden würde, mein Mann hatte Angst vor diesem Moment und ich selber auch. Ich versuchte herauszufinden wie ich damit am besten umgehe, was für Möglichkeiten ich habe und es wurde immer klarer, ich muss lernen mit dieser Angst umzugehen, denn ich bin meinem Opa keine Hilfe wenn ich ihn mit meiner Angst, noch mehr belaste. So fing ich an daran zu arbeiten, mich meinen Ängsten zu stellen und ich wünschte mir nur noch eins, ihn in seinen letzen Stunden, Minuten, die Hand zu halten und ihm zu zeigen, dass es keinen Grund gibt Angst zu haben.

Mit meiner Mama habe ich hier sehr viel darüber geredet, es sind ihre Eltern, ich bin nur die Enkelin, aber ich wusste es wird mir in dem Moment von meiner Familie ermöglicht, was möglich ist und was ich brauche, aber ich musste mich wirklich bemühen und die Angst in den Griff bekommen.

In der Therapie zu meiner Angststörung redete ich viel über diesen Verlust, auch über die Angst vor dem Tod. Ich musste mir vorstellen was ich dem Tod sagen würde, wenn er ein Freund wäre, ich lernte über das Thema zu reden, damit umzugehen, es zu spüren, den Schmerz auszuhalten. Die entscheidende Frage in der Therapie war: Was glauben sie was nach dem Tod kommt ?? Was ist ihr Glaube ??

Ich glaube nicht an Gott, ich glaube eigentlich an Nichts und somit war mir klar, dies musste ich als erstes herausfinden.

Dass ich „Nichts“ glaube, ist bei mir nicht die richtige Aussage. Ich glaub nur nicht daran, dass es da eine Person gibt, die alles in der Hand hat und ich Sonntag in der Kirche sitzen muss, damit mir Gutes wiederfährt. Ich mache Yoga, meditiere und glaube an eine Kreislauf, ich liebe die Natur, Tiere und glaube fest daran, dass jedes Lebewesen seine Daseins Berechtigung hat, nicht nur der Mensch. So lag der Buddismus immer nahe, aber leben wollte ich das auch nicht richtig, da es für mich auch nicht stimmig war. Schlussendlich hat mich die Frage und die Arbeit an der Angst, zu einem Glauben gebracht, den ich gar nicht auf dem Zettel hatte, dem Schamanismus. Hier habe ich meinen Weg, meine Kraft und meinen Glauben gefunden und konnte meinen Opa mit einer enormen Kraft und Stärke, zum Regenbogen begleiten.

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